Freitag, 22. Februar 2013

Herbst... zum dritten




Immer noch Hochnebel. Ein Himmel wie eine Raucherkneipe
Habe heute den herbstmüden Rasen gemäht. Ich mag Rasenmäher. Rasenmäher sind für mich Rollatoren mit 4-Takt Motor. Okay, Die Dinger machen Lärm, riechen nicht besonders gut, aber sie geben mir Halt, ebnen mir sprichwörtlich den Weg, und sie ziehen keine fragenden Blicke auf sich, keine hinter dem Rücken getuschelten Worte. Außerdem gibt es sie in einer Farbauswahl jenseits von mausgraumetallic, aschenputtelantrazit und novemberhimmelfarben.

Meinen Rollator (staubgrau mit asphaltschwarzen Akzenten) taufe ich alle paar Wochen um. Ich empfinde das Wort Rollator als eine ziemliche Zumutung, welches in mir immer sehr seltsame Assoziationsketten auslöst. Terminator, Roboter... immer aber ist es irgendwas technisches, kabellastiges, gänzlich unlebendiges. Ich hab's schon mit Mobilette versucht, mit Rennhilfe, mit Bordsteinkantensuchgerät, oder Hilfsbereitschaftstestwagen.
Ich habe das Ding technisch ein wenig aufgehübscht. Eine kleine Klingel (ich bin tatsächlich nicht die langsamste in dieser Stadt), eine Halogenfahrradlampe (ist zwar nicht erlaubt, aber ich sehe im Dunkeln nicht mehr viel), ein Regenschirmhalter (braucht man hier im Norden), ein Stockhalter...

Ich weiß gar nicht mehr genau wie lange der Rolldings in der hintersten Ecke meiner Wohnung herunstand ohne daß ich ihn auch nur eines Blickes gewürdigt habe. Ich stolperte lieber an meinen Krücken durch die Welt. Das verschlechterte mein Gangbild, tat meinen Schultern nicht gut, sah aber immer so schön verunfallt aus, barg noch so etwas wie eine Hoffnung auf Besserung in sich.
Irgendwann nach diesem ersten ernsthaften Schub war ich soweit, das ich auch die Krücken nicht mehr brauchte (wollte, mochte), stattdessen mit einem Regenschirm herumhoppelte - auch bei blauem gänzlich wolkenlosen Himmel.

Dummerweise war das Gefühl in meinen Beinen auch nach einem Jahr nicht wieder zurückgekehrt und geringste Reize, wie zum Beispiel eine leichte Berührung mit einer Stuhlkante, lösten völlig unpassende unberechenbare Reflexe in den Beinen aus. Was soll ich sagen, der Weg zu der Erkenntnis, daß ein Regenschirm nicht im entferntesten als Gehhilfe taugt war mit blauen Flecken gepflastert.
Ich denke zu der Zeit (und auch heute noch dann und wann) empfand ich es als Niederlage zuzugeben, das ich einen verdammten Stock, einen Rollator brauche. Es passte so gar nicht in mein Selbstbild. Es beleidigte mein Ego.

Ich war immer schon ein Mensch der körperliche Bewegung liebt. Fahrradfahren, tanzen, lange, sehr lange Spaziergänge, Gartenarbeit... und eine zeitlang sah ich immer nur das was ich nicht mehr konnte, nicht das was ich trotz allem noch immer konnte.
Die Türschwellen in meinem Hirn waren hoch und nur zu oft schmiß ich wütend alle Türen zur Außenwelt ins Schloß, um mich schmollend in den hintersten Winkel meiner gekränkten Seele zurückzuziehen...

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