Mittwoch, 17. April 2013

Abenteuer Aldi...



Abenteuer Aldi...

Ich hätte mir vor Jahren auch nicht träumen lassen, daß ich mir eines Tages mal selber dafür auf die Schulter klopfen würde, den Einkauf im Discounter meiner Wahl erfolgreich bewältigt zu haben. Aber man lernt halt nicht aus.

Mein Gehirn kaspert immer noch mit dem letztens hier von mir beschriebenem Schub herum... dem mit dem gestörte
n Zusammenspiel zwischen Augenbewegung und Motorik.
So richtig gebessert haben sich die Symptome bisher noch nicht, dafür hat sich meine schon lange bestehende Angststörung nun mit ihnen verbrüdert.

Spätestens wenn ich in einen Laden gehe, an einer durchschnittlich befahrenen Straße stehe, oder in die Straßenbahn steige, oder an einem anderen Ort bin, an dem irgendetwas oder irgendwer um mich herumwuselt
, sagt der für mein Restgleichgewicht zuständige Teil meines Gehirns ziemlich laut und deutlich: „Ach nee, du... ähm... ist mir echt zuviel los hier... ohne mich..."
Und ich stehe dann da.

Im günstigsten Fall klammere ich mich an den Einkaufswagen, den Haltegriff in der Bahn, an einen Laternenpfahl, an meinen Stock, an den Rollator.

Schwindel erzeugt eine elementare Angst. Schwindel mit einer bestehenden Angststörung und einem nicht wirklich automatisierten Bewegungsablauf erzeugt... ja was eigentlich? In meinem Fall eine Art Schockstarre.

All das nach meinem Querschnittsschub mühsam wieder erlernte bricht in sich zusammen. Wie ging das noch mit dem Gehen? Wenn ich das nur wüßte...
Meine Ataxie läuft in so einem Moment zur Höchstform auf, da ich mich nicht auf irgendwelche Bewegungsabläufe konzentrieren kann, von kompensieren ganz zu schweigen.
Meine Beine werden zu Vanillepudding und die Rumpfmuskulatur wird dank einschießender Spastik zu einem zu engen Panzer mit innenliegenden Dornen. Das Leben ist schön....

Vom meinem Lieblingsdiscounter aus kann ich die Haltestelle der Straßenbahn sehen. Das sind vielleicht 30 Meter bis dahin. In meiner Schockstarre können 30 Meter sich ganz schön lang anfühlen. Aber ich stehe noch und ich werde gehen... Zwei Meter, dann eine Pause. Atmen... nicht vergessen zu atmen.

Ein neues Ziel suchen: der nächste Laternenpfahl. Die Puddingbeine gehorchen nur wiederwillig. Nach unten schauen um zu sehen was die Füße eigentlich so treiben verstärkt augenblicklich wieder den Schwindel.
Also nach vorne schauen und warten bis sich das Wackelbild wieder etwas beruhigt hat. Die nächsten Meter, der nächste Laternenpfahl. Die Zeit zieht sich. Im Einkausftrolley tauen die Tiefkühlbohnen friedlich vor sich hin.

Aber es eröffnen sich auch neue Dinge. Neben dem Weg blüht ein Seidelbast - den habe ich hier noch nie wahrgenommen. Zwei Meisen zanken sich auf dem Weg um ein Stück Futter, und es gibt auf dem Weg zur Haltestelle exakt sechs Laternenpfähle und zwei Ampelmasten...

Irgendwie schaffe ich es nach Hause. Müde und erschöpft wie nach einer langen Wanderung. Obwohl genaugenommen: es war eine lange Wanderung. Per aspera ad astra.
Und es gibt heute schon Bohnen, nicht erst am Wochenende.

3 Kommentare:

  1. Wow, sehr gut beschrieben, ich kann gut nachvollziehen, wie anstrengend es für Dich war nach Hause zu kommen. Hut ab vor Deinem Durchhaltewillen !!! Deine Geli

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  2. Ach du Elend - und ich Dödel beklage mich, wenn ich mich mal 3 Meter ohne Brille vortasten muss - und dabei nicht einmal so scharf sehe, wie das Foto oben.

    Irgendwie ist es beruhigend oder anders, eher freue ich mich darüber, dass Du den Murks "mit Fassung trägst", will sagen, was Du schreibst lässt mir noch Raum, um Deinen Willen, dagegen ankämpfen zu wollen, zu erkennen. Ich finde es toll, dass Du Dich so tapfer schlägst - da gehört bestimmt eine ordentliche Portion Durchhaltevermögen dazu.

    Liebe GRüße
    Rabea

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  3. Hallo Geli, Hallo Rabea

    Aus bekanntem Grund erst so spät ein Danke für eure Kommentare :))

    Liebe Grüße
    aspera

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